
Kunstbetrachtung
Dieser faszinierende Holzschnitt fängt einen ruhigen Moment unter den herabhängenden Blüten der Glyzinie ein – ein Markenzeichen der filigranen japanischen Ukiyo-e-Kunst. Die elegant geschwungene Holzbrücke bildet das Herzstück des Bildes, sowohl strukturell als auch im Aufbau. Figuren in traditioneller Kleidung stehen ruhig auf der Brücke und laden zu einer beschaulichen Betrachtung vergänglicher Schönheit ein. Die Farbpalette ist sanft, aber lebhaft: Das blassviolette Glyzinienblau überzieht den oberen Bildbereich wie ein natürlicher Schleier und kontrastiert mit dem gedämpften Grün des Laubs und dem ruhigen Wasser darunter. Hasui Kawases charakteristischer Detailreichtum und atmosphärische Tiefe zeigen sich in den feinen Abstufungen der Wasserstruktur und dem üppigen Blätterdach. Das Werk strahlt emotionale Ruhe mit einem Hauch von sanfter Romantik aus – man kann fast das Flüstern der Blütenblätter im Wind und die sanften Schritte auf dem Holz hören.
Entstanden Anfang der 1930er Jahre spiegelt dieses Werk einen Moment im reichen Natur- und Kulturbereich Japans wider und verbindet traditionelle Motive mit früh-20. Jahrhundertlicher Sensibilität. Die akkurate Komposition, harmonische Farbgebung und emotionale Ruhe verdeutlichen, warum Hasui im Shin-hanga-Kreis hoch geschätzt wird, der die Ukiyo-e-Ästhetik für ein zeitgenössisches Publikum wiederbelebt hat. Es ist sowohl ein nostalgisches Fenster als auch eine zeitlose Feier der vergänglichen Schönheit der Natur, die zu tiefgründigen Gedanken anregt.